Das Interview mit Faris Al-Sultan – Triathlon-Trainer (Bis 2020 Bundestrainer der deutschen Triathleten) und selbst einer der erfolgreichsten deutschen Athleten

Bekomme einen Einblick in die persönlichen Werkzeuge von Faris

Name: Faris Al-Sultan – Triathlon-Trainer (Bis 2020 Bundestrainer der deutschen Triathleten) und selbst einer der erfolgreichsten deutschen Athleten

Alter: 43

Sportart: Triathlon

Thema Wettkampfvorbereitung:

Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag vor dem Wettkampf vor? Was machst du für dich und warum?“

Faris Al-Sultan: „Als Trainer gibt es da nichts Spezielles, alles dreht sich um den Athleten. Als Athlet ist vieles Routine, Wechselzone, Essen, Eincremen, Rad aufpumpen, im Grunde läuft vieles auf Autopilot.“

Sebastian: „Wie bereitest du dich am Tag des Wettkampfs auf den Start vor? Was machst du für dich und warum?“

Faris Al-Sultan: „Nichts als Trainer, Uhr oder Handy, Fernglas herrichten, etc. Als Athlet, Warmmachen im Idealfall mit der richtigen Musik, die 45 min vor dem WK sind eigentlich die schlimmste Zeit, wenn der Startschuss fällt, übernimmt der Autopilot und Wk-Modus und der wird lediglich in Spezialsituationen verlassen.“

Sebastian: „Was machst du die letzten Minuten, um dich auf den Wettkampf vorzubereiten? Was genau machst du bewusst oder unbewusst, um dich so richtig auf den Wettkampf einzustellen? Nutzt du bestimmte mentale Werkzeuge, Verhaltensweisen oder Vorgehen dazu?“

Faris Al-Sultan: „Nein, wobei es schon unterschiedliche Typen gibt, Schweiger, Grantler, Sprecher, Lacher, ich hab gern getratscht und habe schlechte Erfahrungen mit der „Feindbildmethode“. Wenn ich mich auf mich konzentriert und wohlgefühlt habe gab es die besten WK.“

Sebastian: „Darf ich fragen was ein „Grantler“ ist? Das ist ebenfalls die Brille als Athlet? Hat man im Triathlon vor Wettkampf noch Kontakt zu den Athleten?“

Faris Al-Sultan: „Ein Grantler ist jemand der „grantig“ ist, sprich zornig, schlecht gelaunt. Er zeichnet sich aber eher durch böse/bissige Kommentare als durch körperliche Aggressivität aus.“

Thema Motivation:

Sebastian: „Was sind deine Ziele als Trainer? Was motiviert dich, damit du die Mühen aufnimmst?“

Faris Al-Sultan: „Das sind keine Mühen und ich wollte am Sport dran bleiben und in erster Linie die Athleten vor Fehlern bewahren.“

Sebastian: „Wen würdest du gerne mal trainieren?“

Faris Al-Sultan: „Jan Frodeno, Blumenfelt, weniger wegen des Erfolges sondern weil diese Athleten schon soviel „normales“ Training absolviert haben, dass man extrem und kreativ sein muss um sie weiterzuentwickeln.“        

Sebastian: „Was machst du, wenn du vor einem Training mal keine Motivation hast?“

Faris Al-Sultan: „Als Trainer ist das ein Witz, als Athlet wenn es gar nicht ging Abbruch, Sofa, Kekse essen.“

Sebastian: Darf ich fragen, was du mit Witz meinst? Das dies nie passiert?“

Faris Al-Sultan: „Ein Trainer sollte sich wenn er unmotiviert ist das keinesfalls anmerken lassen und die Tätigkeiten, die in Training und Wk vom Trainer verlangt werden, auch ausüben können, wenn man nicht immer hocherfreut ist über jedes Detail der Aufgabe.“

Sebastian: „Wie gehst du da mit dir um?“

Faris Al-Sultan: „Man geht in sich und fragt sich ob der Schweinehund gesiegt hat oder die Vernunft. Ich glaube aber dass ein gewisses Maß an Wahnsinn zu einem Topathleten dazu gehört. Man kann sich nicht an der menschlichen Leistungsgrenze bewegen und völlig normal sein.“

Thema Persönlich:

Sebastian: „Was würdest du deinem 14-jährigen Ich für einen Tipp geben, den du damals hättest gebrauchen können?“

Faris Al-Sultan: „Mehr Eiweiß essen, mehr Schnelligkeitstraining, mehr Mühe geben bei der Technik (Schwimmen). Ich verstehe teilweise erst heute was meine Trainer von mir damals wollten. Aber ich war schon in gewisser Weise extrem und ohne das wirst Du im Leistungssport nicht erfolgreich sein.“

Sebastian: „Wann war der Punkt als du dich für den Leistungssport bzw. für eine professionelle Karriere entschieden hast? Was war der Auslöser bzw. Grund?“

Faris Al-Sultan: „Endgültig hab ich mich erst 2005 entschieden. Da war ich bereits Dritter auf Hawaii, aber mir war klar, dass mein akademischer Weg ebenfalls viel Arbeit erfordert hätte und ich für Triathlon mehr Leidenschaft empfand. Ich hab irgendwann festgestellt ich verdiene damit Geld.“

Sebastian: „Was machst du morgens, um gut in einen Tag zu starten?“

Faris Al-Sultan: „Ich brauche kein Ritual.“

Sebastian: „Welcher Spruch, Buch oder Mensch hat dich am meisten beeinflusst auf deinem Weg?“

Faris Al-Sultan: „Vieles, Thomas Hellriegel (erster dt. Hawaiisieger) und Christof Wandratsch (Langstreckenschwimmer) als Athleten, viele Bücher von Faust über Karl May bis hin zu vielen Biographien. Was mich stets beeindruckt hat, war wenn jemand selbstgewählt hart zu sich selbst ist und bereit ist etwas auszuhalten, um etwas zu erreichen. Ich bin Meritokrat.“                                                                                                                                                                                

Sebastian: „Wie suchst du dir deinen Ausgleich zum Sport? War das immer so oder hat sich das im Laufe der Zeit verändert?“

Faris Al-Sultan: „Früher ab und zu ein Weggang, heute eher Schafkopf (bayr. Kartenspiel) spielen.“

Thema Fokus:

Sebastian: „Wodurch verlierst du den Fokus im Wettkampf oder Training? Fehlversuch eines Athleten, Schiedsrichterentscheidung…?“

Faris Al-Sultan: „Das ist schwer zu sagen, ich habe meine Psyche nicht so unter Kontrolle wie ein Mark Allen, der sich in die „Zone“ versetzen konnte.“

Sebastian: „Wie findest du dann wieder den Fokus? Gibt es ein Werkzeug, ein Verhalten oder Vorgehen, dass du da nutzt?“

Faris Al-Sultan: „Gar nicht“

Sebastian: „Was passiert dann, wenn du den Fokus verlierst?“

Faris Al-Sultan: „Das Tempo sinkt :-); wobei die wirklichen Spitzenleistungen dann kommen wenn man in der „Zone“ ist wo man eben nicht denkt und überlegt sondern es „passiert“. Schwer zu beschreiben.“

Thema nach dem Wettkampf:

Sebastian: „Was machst du direkt nach dem Wettkampf? Wie bereitest du einen Wettkampf nach?“

Faris Al-Sultan: „Ich lobe und tröste, haue aber keinen Athleten in die Pfanne. Die fühlen sich meist sowieso schlecht genug nach schlechten WKs.“

Sebastian: „Wie lange denkst du noch an einen Wettkampf nachdem er vorbei ist?“

Faris Al-Sultan: „Kommt darauf an ob er denkwürdig war oder nicht 🙂

Sebastian: „Und wenn er denkwürdig war?“

Faris Al-Sultan: „Monate danach, nicht ständig natürlich.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einer Niederlage/schlechten Wettkampf um? Gibt es etwas systematisches?“

Faris Al-Sultan: „Ich tröste, kritisiere was schlecht war und lobe was gut war. Ich stelle heraus, dass es weitergeht.“

Sebastian: „Wie gehst du mit einem Sieg/guten Wettkampf um? Gibt es hier etwas systematisches?“

Faris Al-Sultan: „Ich lasse den Athleten weitgehend in Ruhe, Schulterklopfer gibt es genug.“

Thema Leadership:

Sebastian: „Wie gehst du mit Fehlern von Athleten um? Hat sich dieser Umgang bei dir über die Jahre verändert?“

Faris Al-Sultan: „Es gibt Fehler, die verzeihlich sind und dumme. Wir sind alle Menschen ich muss mich allerdings schwer zurückhalten wenn ich vermute jemand ist ein Weichei.“

Sebastian: „Was ist das Erste, was du machst, wenn du eine Mannschaft/einen Sportler übernimmst?“

Faris Al-Sultan: „Normalerweise rede ich viel über das, was ich meine was zu tun ist. Dabei höre ich mir viel an was der Athlet meint.“

Sebastian: „Worauf legst du besonderen Wert bei der Beziehung zu einer Mannschaft/einem Sportler?“

Faris Al-Sultan: „Ehrlichkeit, ich kann dem Athleten nur sehr schlecht Dinge vorenthalten auch wenn es manchmal sicher besser wäre.“

Sebastian: „Was tust du, damit dein Athlet 100% gibt?“

Faris Al-Sultan: „Ich gehöre zu den Trainern, die glauben,  dass die Motivation aus dem Athleten herauskommen muss und sehe mich eher als Berater denn als Diktator. Das liegt aber natürlich auch daran, dass ich nur mit erwachsenen Profis arbeite.“

Sebastian: „Wie bereitest du ein Feedback an einen Sportler im Training oder Wettkampf vor? Ist das spontan oder durchdacht? Wie gehst du vor?“

Faris Al-Sultan: „Oft spontan.  Mir ist wichtig, dass der Athlet weiß was ich von ihm will. Ich mache dem Athleten aber klar, dass er es umsetzen muss und dass ich ihn weiterbilden will, aber nicht dressieren.“

Sebastian: „Wie wichtig ist dir Feedback durch deine Sportler? Wie holst du es gegebenenfalls ein?“

Faris Al-Sultan: „Sehr wichtig, ich frage :-)”

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